Liebe Leserinnen, liebe Leser,
es gibt Tage, die nenne ich
Toskana-Tage, weil mich ein allgemeines Unwohlsein befällt – ich bin
nicht mehr zufrieden mit dem Alltag. Vielleicht ist Unwohlsein am Ende ein zu starkes Wort. Sagen wir, es ist ein
kleiner Überdruss an den Gewohnheiten, die mich durch eine Arbeitswoche tragen. Weg zum
Bäcker, Weg zum
Bahnhof, Weg nach Hause. Das alles ist mir sehr vertraut, und das Vertraute tut mir gut, weil es
geistige Energie spart und verlässlich ist. Doch manchmal, wie gesagt, gibt es Toskana-Tage.
Das sind die Tage, an denen ich weg will.
Gerne in die Toskana. Ich war nie dort, aber das Wort ist eine Chiffre. Sie steht für
süßes Leben,
viel Kultur und neue Wege, die ich bisher nicht kannte – jeder Hügel ist dort eine Attraktion, das habe ich mir sagen lassen, von Leuten, die es wissen müssen.
Ich habe meine eigene Toskana gefunden. Eine Freundin, auch sie muss es wissen, weil sie Italien kennt, sagt von der
Uckermark, “die ist
genau so schön wie die Toskana”. Und setzt ein Ausrufezeichen dahinter. Seither gefällt die Uckermark mir noch ein bisschen besser.
Werbung hatte auch
Matthias Platzeck gemacht, als er von
“Po- und Busenlandschaft” sprach, er hat die Uckermark gemeint. Das wirkt sehr italienisch, die Landschaft
umgehend erotisch aufzuladen, und darum fand ich das authentisch – toskanisch halt.
Die Uckermark ist groß (zeitweilig war sie von der Fläche her der größte deutsche Landkreis, bis in Mecklenburg-Vorpommern zwei Landkreise zu einem neuen,
allergrößten Landkreis, “Mecklenburgische Seenplatte”, zusammengelegt wurden), darum muss ich mich für einen Ort entscheiden, wo wir unseren “Ausflug der Woche” starten, den Sie unten in diesem Newsletter finden.
Nehmen wir Boitzenburg! An diesen Ort habe ich gute Erinnerungen, weil ich mich dort mal im Schloss verlaufen habe. Es war während der Probe eines
exzellenten Kinderchores, er wurde aufgeteilt auf zwei Schlossflügel, und als ich wechseln wollte, wuchs mir das Haus über den Kopf. Es ist verschachtelt auf eine Weise,
die ich nur aus Fantasy-Filmen kannte, wo Dimensionen und Himmelsrichtungen
außer Kraft gesetzt sind.
Leider bin ich
beim Wandern nie sehr weit gekommen, wenn ich in Boitzenburg gewesen bin, weil ich das letzte Mal mit meiner Tochter da war – Grundschulalter, das ist die Zeit im Leben, in der das Wandern
völlig sinnlos wirkt. Bei mir war es genau so. Eltern müssen Geschichten erfinden, um die Route auszuschmücken, um eine Abenteuertour daraus zu machen. Das ging zwei Kilometer gut, dann war der Ofen aus.
Boykott auf ganzer Linie. Meiner Tochter kann ich daraus keinen Vorwurf machen.
Doch ich werde zurückkommen – ohne Kind, nur mit Wanderkarte, und werde die Strecke bis zum Ende laufen. Hügel auf, Hügel ab,
Po und Busen. Das steht fest, genau so, wie es fest steht, dass ich in diesem Sommer erstmals in die Toskana fliege. In die echte. Na gut: So fest, wie es in
Coronazeiten halt stehen kann.
Wenn das scheitert,
muss ich mit den Gartenstühlen Vorlieb nehmen. Wie Sie die nach einer Winterpause wieder frühlingsfit bekommen, lesen Sie weiter unten in diesem Newsletter.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Herzliche Grüße,
Ihr Lars Grote
MAZ-Autor