Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das
Museumsdorf Glashütte ist eher beiläufig mein Freund geworden. Ich wollte eigentlich woanders hin, ins
Baruther Urstromtal, weil der Name mich gereizt hat. Es ist
eine Schwäche von mir, dass Namen mich ködern, und nebenbei: Gut, dass ich keine Söhne habe, denn Jungsnamen sind mir noch nie eingefallen. Dafür habe ich zwei Mädchen, Lara und Oda. Klingt fast so schön wie Urstromtal. Urstrom, da teilt sich ja
die Wucht im Klang schon mit. Leider muss ich sagen, dass ich mich an diesen Ort nur schwach erinnere, denn ich war in Zeiten vor Lara und Oda dort, vor guten 25 Jahren. Für ein Urstromtal ist das nicht lang, für mich jedoch
bedeutet es ein halbes Leben.
Was ich von dem Tal vor Augen habe, ist leider nicht spektakulär, der Urstrom kam nicht heran an
Breite oder Kraft des Amazonas, den ich mir – sehr naiv! – ausmalte. Es gab viel Wald, das ist ja schon mal gut gewesen, denn im Grunde ist ein Wald das Beste, was passieren kann. Wenn nicht das Urstromtal als
imposanter Name um den Hals gehangen hätte, der einige Erwartungen geschürt hat. Wenn eine Frau zum Beispiel Ségolène heißt, denke ich, so eine Frau gehört in einen Ballsaal, nicht hinter den Schreibtisch des
Einwohnermeldeamtes. Was natürlich Unsinn ist, weil jede Frau, auch wenn sie Ségolène heißt, tun und lassen kann, was sie will. Trotz der
gestreuselten Akzente über ihrem Namen.
Wie finden wir gedanklich jetzt den Weg zu dem Museumsdorf Glashütte, von dem ich anfangs sprach? Es liegt ganz nah am Urstromtal, darum bin ich drauf gestoßen, als ich das Urstromtal verließ. Das Museumsdorf Baruther Glashütte, wie es präzise heißt, ist ein
technisches Denkmal im Süden des
Landkreises Teltow-Fläming. Es setzt sich mit der Sozial- und Technikgeschichte des alten Glasmacher-Ortes auseinander. Das hat mich gerührt, weil ich früher, im einstelligen Alter, im Urlaub eine bayerische Glashütte mit meinen Eltern besuchte, die Bläser bliesen kleine Tiere, die man kaufen konnte. Meine Eltern holten mir ein
kleines grünes Schwein, das aber auch als Hund, Ziege oder Einhorn durchgegangen wäre. Glasblasen ist ein aussterbendes Handwerk, man darf da nicht so kritisch sein, es geht hier eher um eine Geste als um den
präzisen Körperbau.
Im brandenburgischen Museumsdorf Glashütte habe ich kein Schwein gekauft, auch nicht für Lara und Oda, doch ich bin dort wie durch eine
Westernstadt gelaufen, neulich wieder auf der Feier meiner Schwiegermutter, denn der Ort roch nach Vergangenheit, nach
Abenteuer, gutem Handwerk und Bratwurst. Das alles hat sich halb als Traum und halb als Wirklichkeit in mir gespeichert. Vielleicht sind das die schönsten Orte, von denen man nicht mehr präzise weiß, ob man überhaupt mal dort gewesen ist.
In diesem Newsletter stelle ich Ihnen eine Route durch das Dorf der Glasbläser vor, die ganz bestimmt real ist, und reichlich Wald gehört zur Tour am Ende auch dazu. Wie im Urstromtal.
Ein schönes Wochenende wünsche ich Ihnen!
Herzliche Grüße,
Ihr Lars Grote
MAZ-Autor